Von früherer Größe und Kindheitserinnerungen

Der Wurzener Geschichts- und Altstadt-Verein hatte zu einem Spaziergang durch Nitzschka eingeladen und Vorsitzender Dr. Jürgen Schmidt konnte über 50 Interessierte aus dem ganzen Landkreis begrüßen. Eberhard Friedrich eröffnete den Rundgang mit der Führung durch das frühere Rittergut Obernitzschka und war mit seinen profunden Kenntnissen über die Geschichte und insbesondere über die baulichen Veränderungen zum heutigen vorzeigbaren Zustand kaum zu bremsen. Es kann als Glücksumstand bezeichnet werden, dass in den 90er Jahren der Verein für umweltbewußtes Leben unter Leitung von Anneliese und Eberhard Friedrich dieses Rittergut kaufen und mit riesigem Schwung und Ideenreichtum sanieren und umgestalten konnte. Die Schäden eines verheerendes Brandes des ehemaligen Hauptgebäudes sind heute nicht mehr zu sehen, es glänzt im südländischen Stil und läßt der Phantasie freien Lauf. Mit großer Neugier erkundeten viele ihren ehemaligen Kindergarten im Verwaltungsgebäude und staunten über die gewaltigen Sanierungsarbeiten. Was wäre wohl aus dem Schloß geworden, wenn es aus ideologischer Verbohrtheit nach Kriegsende nicht unnötig abgerissen worden wäre?  Der große Garten am Muldeufer mit der Anlegestelle ist ein versteckter zauberhafter Ort, während der ehemaligen Mulde-Regatten war er ein beliebter Rastpunkt der weit über 500 Teilnehmer. Der Verzicht der Stadtoberen von Grimma und Wurzen auf diese von großer Resonanz getragenen touristische und sportliche Aktion scheint unbegreifbar, wenn man an dieser Stelle auf die reizvolle Mulde schaut und Schwäne bestaunen kann.  Auf dem Weg zur Kirche hatte Wolfgang Ebert, der Wurzener Stadtchronist so manche geschichtliche Information parat. Die Nitzschkaer Ortschronistin Kathleen Kramer ergänzte zur Geschichte Ortschaft, neben Bäcker und anderen Handwerkern, Bauern und zwei Rittergütern gab es auch zwei Gasthöfe, aus jüngerer Zeit sind die beliebten Pferdetourniere mit großen Kulturprogrammen noch in Erinnerung. Heute ist davon nichts mehr zu spüren. Aber die Kirche im Mittelpunkt des Dorfes ist ein Kleinod, das nach umfassender Sanierung vor über 10 Jahren begeistern kann. Pfarrer Martin Carlitz, viele Jahre selbst in Nitzschka tätig, informierte über die lange Geschichte von Kirche und Rittergut im Ort und hielt alle Zuhörer im Bann seiner Worte, gleich verbunden mit einer kleinen Lektion in Reformationsgeschichte und Kirchenarchitektur. Drei Frauen von Nitzschka, die Schwestern Veronika und Margarete von Zesch aus dem Rittergut Obernitzschka und Elsa von Canitz aus dem Rittergut Unternitzschka fliehen gemeinsam mit Katharina von Bora und anderen am Ostersamstag, dem 11. April 1523 aus dem Kloster Nimbschen, rasten wenige Tage in Nitzschka und ziehen weiter nach Wittenberg. Hat sie die die Nähe zu ihren Elterngütern bei der Flucht bestärkt? Nitzschka hat in der Reformationsgeschichte und vielleicht auch in der Belletristik noch viele Stoff zu bieten!

Am Ende waren alle Zuhörer begeistert von dieser kleinen Lokalgeschichte, die sogar den Bogen über eine gut gepflegte Grabstelle einer Tochter des großen Militärstrategen von Schliefen gespannt hatte. Es lohnt ein Ausflug nach Nitzschka, auch wenn es heute keinen Gasthof mehr gibt.

Dr. Jürgen Schmidt

Vereinsvorsitzender