Die Deutschen schlafen unter Bäumen
Ein eindrucksvoller Friedhofsrundgang
Der Wurzener Geschichts- und Altstadt-Verein hatte zum traditionellen Friedhofsrundgang am letzten Samstag im Oktober eigeladen und weit über 30 Interessierte aus Wurzen und dem Umland waren gekommen. Stadtchronist Wolfgang Ebert konnte zwei Stunden lang begeisternd über Wurzener Familienhistorien, eindrucksvolle Grabgestaltungen und die deutsche Friedhofskultur erzählen. Der heutige Friedhof ist der vierte in der Wurzener Geschichte, vom ehemaligen Jakobskirchhof weiß nur noch die Chronik, dann gab es Bestattungen an der Wenceslaikirche, danach auf dem heutigen sogenannten alten Friedhof, und nun auf dem Friedhof an der Dresdener Straße. Letzterer wurde unter der Ägide von Bürgermeister Mühle ab 1887 angelegt.
Heute ist er fast zu groß für die Stadt, aber unter Verwaltung der Kirchgemeinde und mit städtischer Unterstützung ist er eine eindrucksvolle grüne Oase mit herrlichem Baumbestand am östlichen Rande von Wurzen. Bäume sind überhaupt ein Wesensmerkmal der deutschen Friedhöfe, Wolfgang Ebert wußte den Vergleich zu den Gefallenen-Friedhöfen in Frankreich, wo Franzosen und Engländer auf Friedhöfen ohne Baumbestand liegen und im Gegensatz dazu „die Deutschen unter Bäumen schlafen!“.
Der Rundgang führte zu ehemaligen Grabanlagen bedeutsamer Wurzener, die nun als Denkmale der Friedhofskultur erhalten, restauriert und von überwachsendem Efeu befreit
wurden. Für diese Anstrengungen kann man der Friedhofsverwaltung und in einzelnen Fällen den Nachfahren der Verstorbenen nur dankbar sein, betonte Ebert mehrfach. Beispiele dafür sind die Grabanlagen von Familie Lieder, den Gründern der Wutra-Fabrik, den Familien Finke und Schmidt oder der Familie Mannewitz. Die Grabanlage von Ehrenbürger Juel wird mit Unterstützung unseres Vereins seit Jahren gepflegt.
Neue Formen der Bestattungen, wie Gemeinschaftsgräber, Partneranlagen oder Baumbestattungen fügen sich gut in die Gesamtanlage ein. Und die Zuhörer waren sich am Ende einig, man möchte auf einem Friedhof bestattet werden und von den vorbeilaufenden Besuchern vielleicht gegrüßt werden.
Dr. Jürgen Schmidt
Das Grabmal der Familie Zimmermann mit der Flora als große Figur
Das Familiengrab Lieder, den Begründern des Wutra-Werkes
Die Grabanlage von Ehrenbürger Juel, für die Pflege kommt seit Jahren der Wurzener Geschichts- und Altstadt-Verein auf.