Von Fleischern und Bäckern

 

 

Der Wurzener Geschichts- und Altstadt-Verein hatte eingeladen und über 50 Geschichtsinteressierte waren an einem sonnigen Märzsamstag gekommen, um vom Stadtchronisten Wolfgang Ebert über Wurzens historische Fleischer und Bäcker manches zu erfahren. Rund 50 Bäcker hatte es einst in Wurzen gegeben, die für die Versorgung der kleinen Stadt Sorge trugen, Fleischer waren es nicht ganz so viele. Die Handwerksmeister hatten großes Ansehen, viele waren im Rat der Stadt vertreten. Gleich zu Beginn des Rundganges verwies Wolfgang Ebert auf die Liegenbank, hier wurden im Mittelalteralter auch Backwaren und Fleisch angeboten. Unter der Liegenbank befanden sich (bis 1902 noch sichtbar) Kellergewölbe, die als "Verkaufsbänke" an Markttagen genutzt wurden (sicher schon 1608 in der "Pestchronik" mit "Benck der Becker" gemeint). Dabei ging es nicht immer ordentlich zu, ein Protokoll aus dem 19 Jahrhundert beschrieb auch Mißstände und schwere Arbeitsbedingungen der Fleischer. Wenn das Schlachthaus zu niedrig war und das Schlachten der Tiere im Hausflur erfolgte, oder das Blut einfach in die Regenrinne abgelassen wurde, dergleichen wurde durch die damalige Stadt kontrolliert und auf Änderungen bestanden. Auch bei den Bäckern wurde schon im Mittelalter der Brandschutz begutachtet, denn Stadtbrände waren verheerend.

Bäcker und Fleischer waren in Zünften, den heutigen Innungen vergleichbar, organisiert. Die Wirksamkeit der Bäckerzunft zeigte sich, als der Industrielle Krietzsch neben seinem Mühlenbetrieb eine Bäckerei errichtete und in großem Maße Brot herstellte. Die Bäcker kauften ab da kein Mehl mehr bei ihm und nach kurzer Zeit stellte er das Brotbacken ein und begann mit der Keksbäckerei. Das war dann den Bäckern keine Konkurrenz mehr.

Auf dem Jacobsplatz befand sich der Viehmarkt, hierher brachten die Bauern aus den Dörfern ihre Tiere, die dann von den Fleischern abgeholt wurden zum Schlachten. Der Wurzener Bischof von Schleinitz schenkte der Fleischerzunft einen Landstrich am nordwestlichen Rand von Wurzen, auf dem sie die gekauften Tiere weiter mästen konnten. Um die Rückgabe dieses Stückchen Land, vielen als Fleischertrauschken bekannt, kämpft die Fleischerinnung bis heute, bisher leider ohne Erfolg. Vieles wäre noch zu berichten, aber am besten ist es, einfach dabei zu sein, bei den Stadtrundgängen. Der nächste ist am 21. Mai und führt traditionell durch den Stadtpark, dann geht es am 17. September durch die Ostvorstand und die südliche Rietzschkegegend, bevor es im November wieder durch den Friedhof führt.

 

Dr. Jürgen Schmidt

 

 

 

                        

Fotos:

  • Max Ae´ , der Großvater des stadtbekannten Tierarztes Dr. Dieter Ae´, betrieb in der heutigen Breitscheidstraße, der früheren Jägerstraße,  eine Fleischerei.
  • Vater Max und Sohn Erich Ae´ mit Gesellen im Hof der Fleischerei in der damaligen Jägerstraße.
  • Vereinsvorsitzender Pfarrer Alexander Wieckowski hatte alle begrüßt, bevor Stadt- chronist Wolfgang Ebert mit dem Rundgang begann. 
  • Vom ehemaligen Viehmarkt, dem heutigen Jacobsplatz ging es weiter in die Jacobsgasse. Die Fleischerei Schubert hatte hier ihre Tradition!
  • Das Innungszeichen der Fleischer ziert heute noch den Standort der Fleischerei Schubert, heute Fleischerei Stein.